Wie meistens in einer unbekannten Stadt führt mich in Köln mein Weg zuerst in ein Internetcafé. Wo gibt es eine preiswerte Unterkunft, wo was zu essen, und welche Bars sind am interessantesten in der Nacht und welche Sehenswürdigkeiten am Tag?
In Köln bin ich gelandet, nachdem ich in Freiburg keine Lust hatte auszusteigen, als ich am Sonntag von C. aus Rheinfelden zurückkam. Also bin ich sitzengeblieben, solange mein Geld reichte.
In der Nähe von Dom und Bahnhof gibt es ein Hostel, eine Nacht im 5-Bett-Zimmer für sechzehn Euro. Paßt mir gut. So eingerichtet, stürze ich mich ins Kölner Nachtleben und lande zunächst im Bürzel, einer kleinen Bar in der Martinsstraße. Vier Leute, der Wirt, sein Freund, sein Bekannter und dessen Freund, stehen am Tresen. An der Bar ein Klavier, gegenüber ein Harmonium. Ich ordere einen Bürzelsalat und Wein, und da fängt die Freundin an zu spielen. Debussy, Bach und Mozart. Weil sie selbst umblättert, bekommt ihr Vortrag manchmal einen Riß. Mit vollem Mund stehe ich neben ihr, bereit umzublättern. Seltsame Technik (oder gar keine?), lang ausgestreckte Finger, durchgedrückte Knöchel. Sie studiere Gesang, erfahre ich, als wir ins Gespräch kommen. Ich biete ihr an, sie zu begleiten. Jetzt? Jetzt. Ihr Freund Mark ist begeistert. Wenn seine Agnes singt… Agnes springt rauf in ihre Wohnung über dem Bürzel und kommt mit einem Notenstapel wieder. Wir singen und spielen Ave Maria aus dem Troubador, die Habanera, Schumannlieder und Mozartarien. Dazwischen singen die Bläck Föös von der CD über „unser Veedel“, während Weißwein und Kölsch in Strömen fließen.
Mark ist eigentlich kein Musiker, aber um Mitternacht spielt er die Filmmusik von Drei Nüsse für Aschenbrödel. Die hat er sich nach dem Gehör beigebracht. Mit Reinhold, dem Trompeter (Musikhochschule) streite ich gemeinsam gegen Mark für Stockhausens Musik. Es wird eine fröhlich-erhitzte Grundsatzdiskussion und endet unentschieden. Danach muß Reinhold unbedingt auch ein Schumannlied vortragen; er singt mit der gleichen Lautstärke, wie er Trompete spielt.
Um eins ziehen Reinhold und ich durch die Kneipen am Rudolfplatz. Er ist wirklich nicht mein Typ, aber das ist unwichtig. Wir unterhalten uns prächtig bei Kölsch und Wasser über sein Comingout, seine Familie, meine Zukunft und die Kölner Musikhochschule. Es ist vier Uhr, als wir uns verabschieden.
Montagmittag: Kölner Dom. Wie ein gestrandetes Raumschiff ragt er plötzlich vor mir auf, sein Anblick überrascht mich immer wieder, selbst wenn ich ihn erwarte. Wie ein freundliches Riesentier scheint er sich zuerst anzuschleichen, wenn ich gerade nicht hinschaue, und dann regungslos dazustehen, so sieht er aus. Oder als wäre er auf Knopfdruck lautlos aus der Erde gefahren. Kuckuck, hier bin ich. Ein Riesengebirge aus stalagmitenhaften Säulen, Streben, Pfeilern, Stützen, Fialen, Krabben und Maßwerk. Der Blick kann nirgends verweilen, er muß hinauf, wo es einfacher wird zu erfassen, was er sieht: die schlanken Zwillingstürme mit den sich nicht ganz ins Unendliche verjüngenden gerippelten Turmhelmen.
Die Baumeister des Mittelalters, glauben wir oft, besaßen eine Baukunst, von der wir heute nichts mehr wüßten. Dabei gelten die Gesetze der Statik gleichermaßen für alles, was je gebaut wird, egal ob es sich um den Kölner Dom oder das World Trade Center handelt. Alles andere ist Kunsthandwerk. Deshalb ist es nicht erstaunlich, daß man im neunzehnten Jahrhundert in der Lage war, den gewaltigen Bau, und zwar innerhalb von vierzig Jahren, zu vollenden. Die Arbeit schritt natürlich anhand der Originalpläne aus dem dreizehnten Jahrhundert voran – das Ergebnis stand dem ersten Dombaumeister (der gegenwärtige ist übrigens eine Frau) genauso vor Augen, wie uns heute das fertige Werk. Bevor Kaiser Friedrich Wilhelm Vier 1840 den (zweiten) Grundstein mit den Worten „Kölle alaaf“ legen durfte, wurde das Fragment vermessen, sieben Jahre lang. Die Ergebnisse hat man in vier umfangreichen Bänden veröffentlicht. Ich frage mich, wer Interesse hatte, so ein telefonbuchartiges Zahlenwerk zu lesen. Es sei denn, jemand hätte Lust bekommen, sich eine eigene Kopie des Domes zu bauen.
Ich betrete ihn an der Nordseite. Eine Führung beginnt. Die Frau erzählt, daß schon seit dem vierten Jahrhundert nach Christus hier eine Basilika stand. Die mußte natürlich ersetzt werden, als es im Jahre 1148 hieß, Leute, jetzt bekommen wir die Heiligen Drei Könige. Is dat denn die Mööchlischkeit! Da war Streß angesagt: Schrein für die Gebeine bauen, alten Dom abreißen, Pläne für den neuen zeichnen. Und die hereinstürzenden Pilgerströme mit Kölsch versorgen. Dreihundert Jahre konnte gebaut werden, dann war das Geld alle. Köln hatte eine veritable Bauruine mit halbfertigem Mittelschiff und nur einem Turm, der gerade mal zur Hälfte stand. Petrarca jammerte, verständlich.
Als im Jahre 1880 die zweite Kreuzblume auf die Turmspitze gehievt wurde, werde, so sprach der Dombaumeister, für die nächsten hundert Jahre kein Gerüst am Dom zu sehen sein. Was nicht stimmte, denn die Luftverschmutzung tat ihr zersetzendes Werk. Und der eine oder andere Krieg. Heute heißt es, der Tag, an dem der Dom ohne Gerüst sein werde, sei das Ende der Welt.
Woraus entsprang der plötzliche Wille, den Dom fertigzustellen? Nationalismus, Prestigebedürfnis, Geltungsdrang. Nichts zu spüren von der alten ad maiorem Dei gloriam. Mir kommt’s vor, als wandelte ich zwischen den Säulen einer gewaltigen Heuchelei. Die vielfach gegliederte Außenfassade paßt dazu: Fassade ohne Ende.
Nach dem Krieg begann man, die Fundamente der ersten Basilika auszugraben. Jetzt befindet sich unter dem Dom ein Labyrinth aus Grabungsstollen, die man besichtigen kann, was ich auch vorhabe. Aber in der Karwoche sind sie geschlossen.
Dafür die Domschatzkammer: Drei unterirdische Stockwerke voller Meßbestecke, Monstranzen, Mitren und Bischofsstäbe. Und Reliquien ohne Zahl, meistens Knochen. Hat man denn die Gebrüder Caspar und Co. jemals einer DNS-Analyse unterzogen, habe ich vorhin unsere Kustodin ketzerisch gefragt. Ja, hat man wohl, sagte sie. Aber über das Ergebnis konnte sie mir nichts mitteilen.
Ich beende meine Besichtigung mit einer Turmbesteigung. Ein Kindheitswunsch, an den ich mich jetzt erinnere, wird damit eingelöst: meine Uroma hatte mir oft ihre Fotos gezeigt, schwarzweiß und vergilbt, und die Postkarten, die der Sohn Fredi ihr aus dem Krieg schickte. Obwohl ich sie bald alle kannte, wollte ich immer wieder, daß sie sie mir zeigte und dazu erzählte. Eines war eine Postkarte vom Kölner Dom, und ich war fasziniert von den kleinen Knubbelchen an den Türmen. Die wollte ich schon immer mal anfassen. Und jetzt habe ich die Gelegenheit dazu.
Ich glaube, Erich von Däneköln hatte die Idee (hat er aber nie veröffentlicht, war nur so ein Versuch, quasi zur Übung), die Türme des Kölner Doms seien in Wirklichkeit Startrampen für eine von da Vincis hydroaerotischen Flugluftdruckschraubraumschwungschiffen. Da da Vincis Lebetage lang die Türme nicht fertig wurden, konnten sie bisher noch nicht ihrer wahren Bestimmung zugeführt werden.
Heute sind zwischen beiden Türmen drei oder, an hohen Feiertagen, vier Bindfäden gespannt, damit sie nicht aus Versehen nach beiden Seiten auseinanderklappen. Deshalb wird man unten am Treppenaufgang kontrolliert, ob nicht etwa jemand heimlich eine Schere dabei hat.
Die Knubbelchen sind von nahem betrachtet lilienartige Auswüchse aus dem Gestein, die je dreimal drei Blütenblätter hervorbringen. Sie fühlen sich glatt und lauwarm an, von der Sonne beschienen. Die Versenkung in ihren Anblick läßt mich schwindeln, da das Bewußtsein der Komplexität schon allein dieses Details eine Ahnung von der Komplexität des GANZEN vermittelt. Eine einzige dieser lilienhaften Krabben läßt die Dimensionen des Ganzen unfaßbar werden. Ist der Kölner Dom gebaut worden, um den Verstand zu verwirren?
Es ist ein Vergnügen, sie in der Hand zu spüren. Eine einzige ist so groß, daß ich sie nicht umfassen kann (sie sahen auf den Fotos so klein aus). Ihr Motiv wiederholt sich, nicht nur an den Türmen, am gesamten Bauwerk viele viele tausend Male. An den Turmhelmen ranken sie besonders exponiert empor, in acht schnurgeraden Linien wachsen sie dem Himmel entgegen, um sich im Scheitelpunkt, der gigantischen Kreuzblume auf der Spitze zu vereinigen. Ist das nicht toll?
Beim Runtergehen kommt mir keuchend-fröhlich ein Mädchen entgegen, fragt: Ist das noch viel? Bis jetzt wars ein Drittel, antworte ich, sage aber nicht, ob für sie oder mich. Sie stöhnt fröhlich: Carla, du bist verrückt, weiter, ein Drittel erst…
Zum Schluß sitze ich in einer Kirchenbank und spüre den unermeßlichen Raum mit geschlossenen Augen über meinem Scheitelpunkt.
Für drei Euro achtzig in der S-Bahn nach Kürten. Nicht direkt, denn Kürten ist einer der wenigen deutschen Ortschaften ohne Bahnanschluß. Also fährt man bis Bergisch-Gladbach und dann weiter mit dem Bus Linie 426.
Der legt sich mächtig in die Kurve, der Bus. Der meint, seinen Gästen was bieten zu müssen, der Fahrer. Wir schrauben uns immer höher ins Bergische Land: fette grüne Wiesen, Tannenwälder und lustige wilde Bergbächlein. Heute ist Frühlingsanfang.
In Kürten steige ich vorsichtshalber mal am Rathaus aus, ich halte das für die Ortsmitte. Und wohin jetzt? Ein Straßenplan. Der Kettenberg liegt im Planquadrat F7 (wie harmonisch) und außerdem gut drei Kilometer hinter mir in der letzten Ortschaft. Breibach heißt die. Also frischauf losgewandert. Das macht mir nichts aus, denn es verleiht meiner Fahrt den Anflug einer Pilgerreise. Und außerdem habe ich sowieso grad Lust auf Tannenduft.
Die Breibacher Straße, die zu oder auf den Kettenberg führt, biegt hinter der letzten Bushaltestelle, an der ich hätte aussteigen können, nach rechts in den Wald ab. Ich folge ihr. Rechts ein paar schmucke Anwesen, links ein Abhang, an dessen Sohle ein lustiges Bergbächlein wild daherrauscht.
Nach zehn Minuten erreiche ich den Kettenberg. Wieder eine Bushaltestelle, an der allerdings nur ein einziger Bus fährt, morgens um sieben Uhr zwölf. Nach rechts führt der geheimnisvolle Weg. Gespannt warte ich die Hausnummern ab: fünfzehn müssen es sein.
Als ich vor Stockhausens Anwesen stehe, überlege ich, was ich mir bis zu diesem Zeitpunkt vorgestellt habe: eine kleine, bescheidene Wohnung, ärmlich oder ein prächtiges, herrschaftliches Gebäude, altmodisch oder modern, extravagant oder unscheinbar? Skulpturen im Garten? Reinhold hatte davon gesprochen. Selbst eine Art öffentliches Museum hätte ich mir denken können, mit einem Kassenhäuschen, hinter dessen Glasscheibe jeden Tag ein anderer Erzengel die Karten abreißt.
Weihrauchduft steigt mir in die Nase. Dabei wäre angesichts der ländlichen Umgebung eher Stallgeruch angebracht. War wohl Einbildung.
Kein Namensschildchen, keine Klingel. Nur ein eisernes Gartentor, das so aussieht:
[folgt Zeichnung des Gartentores]
Zwei konzentrische Kreise, ein großer und ein kleiner, und darin eingeschlossen ein Herz. So einfach ist das. Dahinter führt eine schmale gepflasterte Auffahrt in den Wald und verschwindet hinter einer Kurve. Vom Haus selbst ist nichts zu sehen, und auch nichts von etwaigen Skulpturen.
Also jetzt, weiter den Kettenberg rauf oder lieber runter? Ich entscheide mich für runter. Vom Tann’geruch hab ich genuch.
Auf der Rückfahrt steige ich schon an der Station Messe/Deutz aus. Rechtsrheinisches Ufer: Deutz. Bürohäuser und viel Verkehr. Am andern Ufer, in jedem Sinne, ist wahrhaftig mehr los, das hat man mir gestern schon gesagt.
Ich will nur mal über den Rhein gucken, von wegen Da spügölt süch ün den Wölln / Das große heulige Cölln. Den großen Dom hat Heine nie vollendet gesehen.
Gen Westen schaue ich, auf den Chor und das Querhaus. Mein Gott, wirkt das gedrungen. Der dräuende Dom. Dort droben dräut düster der donnernde Dom.
Der Rhein wirkt nicht so breit, wie man es annehmen könnte. Ich meine, der ist ja in Basel schon breit, und seitdem ist einiges dazugekommen: der Main, die Mosel und die ganzen kleineren Sachen. Oder ist er nur tiefer geworden? Hier wiegt ein Flußkilometer wahrscheinlich einiges mehr, da sackt so ein Flußbett schon mal ab mit den Jahren. Ob übrigens ein Fluß in allen Tiefenschichten gleich schnell fließt? Unten am Grund ist die Reibung am höchsten. Auch Temperaturunterschiede könnten sich auswirken. Möglich auch, daß die Strömungsgeschwindigkeit an der Oberfläche am größten ist und dann abnimmt, je tiefer es runtergeht. Das gilt wohl für die Fische genauso, die schwimmen auf einer Autobahn, die senkrecht auf der rechten Kante steht. Ganz oben flitzen die getunten Hechte und die Forellen mit ihren gespoilerten Rückenflossen, und dann wird’s gemächlicher bis runter zu den Welsen, die sich manchmal mit Absicht an den Pannenstreifen legen, nur um auszuruhen. Um das rauszufinden, müßte ich allerdings reinspringen in den Rhein.
Ich lasse das und laufe gemächlich auf der rechten Seite über die Eisenbahnbrücke, die so aussieht wie die Freiburger Blaue Brücke, nur größer. Sechs Gleise laufen nebeneinander über sie her. Und links und rechts Fußgängerwege. Wer die Brücke überqueren will, dem stellen sich gewaltige kupferne Kaiser-Wilhelm-oder-so-was-Reiterstandbilder entgegen. Am Anfang geht das noch. Am andern Ende allerdings nähert man sich einem gemäßigt repräsentativen kupfergrünen Kaiser-Wilhelm-Pferdearsch.
Der zweite Abend ist mal wieder dem Vergnügungsviertel gewidmet. Mit der U-Bahn zum Friesenplatz. Ich hätte gerne was Frisches angezogen, seit Samstag laufe ich in den gleichen Klamotten rum. So ist das, wenn man spontan reist.
Der Abend gestaltet sich völlig anders als der vorherige. Die Kneipen sind leer, die Stimmung dröge. Montagabend eben. Um Mitternacht besuche ich eine Sauna in der Richard-Wagner-Straße. So was kenne ich aus Dublin: labyrinthartige, rutschige Gänge, feuchte schwülwarme Nebelschwaden, huschende Gestalten mit Handtüchern um den Leib.
Wenn sich in einer Sauna nichts anderes ergibt, dann will ich auch nichts anderes als saunieren. Aber das spüren die Männer schnell, wenn sie sich annähern wollen. Es gibt kein Problem.
In den Whirlpool steige ich, darin sitzt Dominik. Vierundzwanzig ist er, und schön. Wir liegen bald im Separée. Und trinken an der Bar ein kühles Wasser, danach.
In der Umkleidekabine hat mir jemand die Schuhe gestohlen. Hoffe nur, er hatte sie wirklich nötig! Aber wer hier zwölf Euro Eintritt bezahlt, braucht keine Schuhe zu klauen. Mittlerweile sollte ich gelernt haben, die Schuhe im Spind einzuschließen! Vom Kassierer kann ich umsonst ein Paar Badeschlappen bekommen. Ich brauchte sie nicht zurückzubringen, sagt er. Vielen Dank. Ach, die Kölner.
Halb drei morgens. Durch die Kölner Innenstadt schlurft ein Typ mit Rucksack, Jeansjacke und roten Plastikbadeschlappen, die bei jedem Schritt schluppen und wehtun. Jesus hatte Latschen an, wie kein andrer Mann. Und was sind sonst noch für Gestalten unterwegs? Besoffene Jugendliche, bekiffte Junkies. Die Bettler pennen in den Hauseingängen und vor den heruntergelassenen Gittern der Geschäfte. Ein Streifenwagen und viele Taxis in den Straßen.
Verdammt, diese Sachlappen brennen an den Sohlen. Es brennt mir unter meinen Sohlen. Und Krach machen die. Schlurf-schlapp, schlurf-schlapp. Falls mir einer auflauern will, ist es vielleicht besser, sie auszuziehen und auf Socken weiter zulaufen. Ah, tut das gut. Der Asphalt ist auch einigermaßen sauber. Fast lautlos schleiche ich weiter, ich weiß den Weg ungefähr. Trotzdem, wohl fühle ich mich nicht. Zu heftig sind die Erinnerungen an damals, den Typen in der Dubliner Thomas Street. Hinter jeder Hausecke könnte einer stehen, mit einem Messer. Da mußt du jetzt durch. Falls mir einer was will, kann ich ihm immer noch mit den Schlappen eine runterhauen.
Noch dreihundert Meter bis zu meiner Unterkunft. Genauso war das damals auch, das Hostel war schon in Sichtweite, als der Straßenräuber kam, mich zu überfallen. Ich packe meine Schlappen mit festerem Griff. Egal, was passiert, die wird mir so schnell keiner entreißen.
Ich bin angekommen. Die Tür ist angelehnt, die Rezeption ist nicht besetzt. In meinem Zimmer tappe ich im Dunkeln an mein Bett und ziehe mich aus.
Morgen als allererstes Schuhe kaufen.
Es ist gar nicht peinlich, am hellen Tag mit ziemlich schwuchtelig wirkenden rosa Plastikbadelatschen durch die Kölner Altstadt zu schlurfen. Den meisten ist es egal, da gibt es schließlich ganz andere Sachen. Der Rest nimmt es nicht zur Kenntnis. Fast wünsche ich mir, ich hätte wenigstens noch Puscheln auf den Schlappen.
Da, rechts ein Schuhgeschäft. Für mich erleichternd wie der Anblick einer öffentlichen Toilette bei starkem Harndrang.
Frisch beschuht, checke ich mich im Hostel aus und will die Zeit bis zur Abreise in einigen Kirchen verbringen. Vom Turm des Domes aus habe ich gestern zwei sehr schöne romanische Kirchen gesehen, die mich interessieren. Die erste, Groß-Sankt-Martin, ist dienstags geschlossen. In der zweiten, Sankt Andreas, findet gerade ein Gottesdienst statt. Also raus und was essen. Die Kirchen kommen beim nächsten Mal dran, genauso wie die Ausgrabungen unter dem Dom, ein Besuch mit Dominik in der Sauna, eine Runde Kölsch mit Reinhold und ein Liederabend mit Agnes und außerdem ein Besuch im römisch-germanischen Museum sowie im Schokoladenmuseum.
Es ist Zeit für den Zug.